Die Neue Graufthaler Direkte | #paminablog

Wie man es richtig macht, wie man es auch machen könnte und wie ich es letztendlich gemacht habe und warum das eine gute Entscheidung war, davon handelt dieser Artikel. Die Fakten: Standort Bonnefontaine, Bremse kaputt, Zeitverlust, Schlechtwetterfront naht. Schwarzhandoperation am offenen Herzen des Radels. Bremsbacken können ja so widerspenstig sein.

Die sicherlich einfachste Möglichkeit, ab Bonnefontaine das Paminaland weiter auf Radwegen zu umrunden ist, dem Saarkohlekanal zu folgen bis zur Kanalkreuzung mit dem Rhein-Marne-Kanal. Ich bin die Strecke schon mehrfach geradelt. Schöne, geteerte Kanalradwege, die in der Seenplatte um den Stockweiher bei Mittersheim spektakulär mitten durchs Wasser führen. Die Weiher wurden übrigens angelegt, um die Kanäle mit Wasser zu versorgen.

Der Radweg ostwärts am Rhein-Marne-Kanal führt bis etwa Hesse/Schneckenbusch nicht direkt am Kanal, sondern über ungenutzte Sträßchen. Spektakulär wird es in Arzwiller, wo die alte Kanalstrecke durch einen Tunnel und über viele Schleusen (10-20 Stück) durch eine Schlucht nach unten führt. Heute liegen die Schleusen still. Der Radweg ist streckenweise auf Stelzen und Stahlkonstruktion mitten im ausgetrockneten Kanal. Unten bei Lutzelbourg geht es dann weiter bis Saverne, was mein gestriges Tagesziel hätte sein können.

Aber ich habe mich ja für die zweite Variante entschieden, nicht ahnend, dass ich sie nicht umsetzen kann. Ich nenne sie die ‚Neue Graufthaler Direkte‘. Quer durchs Krumme Elsass. Sie ist viel kürzer als die Kanal-Variante. Von Bonnefontaine radelt man am Besten zurück zum Kanalradweg, nach Harskirchen, dann den regionalen Radweg 65, in der Open Cycle Map verzeichnet, bis Saar-Union. Dann den Radweg 64 nehmen, ebenso in der OCM eingetragen, über Thal-Drulingen hinauf nach Drulingen und ab Lohr runter nach Graufthal Oberhof, Phalsebourg, Lutzelbourg et voilà Saverne.

Hier kommt nun das Schicksal ins Spiel, die nackte Realität. Ich fasse noch mal zusammen: Bonnefontaine, Gärtnerhaus eines Châteaus, ungefähr bei Schleuse 16 am Saarkohlekanal, Gemeinde Altwiller, um es präziser zu sagen, etwa 15 Kilometer südwestlich von Sarreunion. Aufwändiges Radelschrauben, Schlechtwetter, elf Uhr komme ich endlich los, kann gerade noch so einen Blick auf das zerfallende Schloss hinter jungknospenden Bäumen werfen, da fallen die ersten Flocken. Schneee. Um abzukürzen nehme ich die gerade Strecke vom Saarkanal nach Diedendorf etwa fünf Kilometer bis zu Flüsschen Saar (muss man sich mal vorstellen, wie weit der Kanal von seinem Wasserspender entfernt ist). Ab dort auf Schreiasphalt und recht forscher D8 ein paar Kilometer bis zum Einstieg des Radwegs 64. Ich müsste nicht nach Saar-Union, aber die Menschen, die ich frage, ‚gibts in Thal-Drulingen eine Bäckerei, Supermarkt, Restaurant, Ir-gend-was, wo man sich mal aufwärmen könnte?‘, sagen alle nein. Was mir einen Schwenk nach Saar-Union aufhalst und, besonders schlimm, anschließend vier Kilometer Nationalstraßenaufwärts bis Thal-Drulingen. Dennoch, das Aufwärmen in einem Schnellrestaurant beim großen Supermarkt war es wert.

Der Rest der Strecke führt über den kaum beschilderten Radweg 64 auf ruhigen Landstraßen. Nicht ganz ohne Berge, aber ich kann die Variante ‚Neue Graufthaler Direkte‘ hiermit empfehlen (all jenen zum Beispiel, die die Kanalstrecke schon kennen, denn die ist ebenso spektakulär vong Landschaft her).

Fazit: es regnete den ganzen Tag und auf den Höhen des La Petite Pierrer Lands, wie ich es flapsig nenne, lag vereinzelt noch Schnee.

Tipp: in Drulingen gibts Läden und Bäckerei. In Graufthal kann man im Hôtel du vieux Moulin nächtigen. Man spricht oft Deutsch.

Heutiger Plan: eventuell ein Stück abschneiden und ab Oberhof quer östlich zum Radweg Saverne-Haguenau, oder eben doch runter nach Saverne, der Vollständigkeit halber und, na ja, das Schiffshebewerk bei Lutzelbourg würde ich mir auch mal gerne wieder anschauen.

Die Pamina-Nordwest-Passage | #paminablog

Diese Stille! Kaum zwei Stunden unterwegs, Luftlinie vielleicht zehn Kilometer entfernt von Zweibrücken und … nichts. Zaghafte Insekten, allenfalls bellt ein Hund und manchmal schlägt die Stunde am nahen Kirchturm von Medelsheim. Ein geteerter Feldweg führt hinauf auf die Kämme, die das Bliestal säumen. Unterzuckerung zwingt mich, eine Pause zu machen. Das Radel steht mitten auf dem Weg und ich mache es mir auf einem Brunnenkopf in der Sonne gemütlich. Die Unterzuckerung spült erste Allmachtsgefühle ins Hirn, ein eigentlich natürlicher Zustand des Wohlbefindens, der sich auf Radtouren hin und wieder einstellt und der einen Dinge denken lässt, die man sonnst nicht denkt, der einen auf neue Gedanken bringt oder wenigstens auf Parallelgedanken, die nur eine Spur neben den ausgetretenen Hauptgedanken laufen und ein Schattendasein in der Unkenntnis führen. Ich esse ein Brot mit Butter, dazu ein uraltes Stück Sbrinz, ein Schweizer Käse, aus dem man schussischere Westen bauen könnte. Ich habe es vor der Abreise in meinem Kühlschrank gefunden.

Warum es hier so still ist, kann ich mir zunächst nicht erklären. Natürlich, das Rauschen der Stadt fehlt, aber da ist noch mehr, besser gesagt, weniger. Die Flieger fehlen. In Zweibrücken hört man immer irgendwelche Flieger, meist Passagierflugzeuge, manchmal auch langanhaltend nachbrennende Militärflieger vom nahen Flugplatz Ramstein. Vermutlich führt über die westpfälzische Kleinstadt eine Flugautobahn. Flightradar würde Auskunft geben.

Doch zurück zu den unterzuckerungsbedingten Allmachtsphantasien: ich stelle mir vor, ich bin hauptberuflicher Radwegetester, ein Beruf, den es meines Erachtens gar nicht gibt, aber in meiner Phantasie wird er plötzlich wahr. Menschen, die Radwege auf Herz und Nieren abklopfen und für andere Menschen eine Bewertung geben. Nach der Pause erreiche ich schon bald ein erstes Testobjekt, den Radweg vis-à-vis, der sich, grob gesagt, grenzübergreifend rings um Saarbrücken und Forbach schlängelt. Eigentlich war er gar nicht in meiner Liste, vielmehr wollte ich ins Bliestal auf die alte Bahntrasse, die ich schon kenne, aber wenn sich dir ein Radweg in den Weg stellt, nimm ihn. Das ungeteerte Etwas führt auf breiten Waldwegen durch lichten Buchenbewuchs. An dieser, meiner Einstiegsstelle, Walsheim Richtung Niedergailbach, ein bissel auf und ab und parallel zum geteerten Bliesweg, der auf einer alten Bahntrasse stetig steigt.

Berauscht vom Licht und den unscheinbaren Attraktionen (siehe Mardelle im Beitrag zuvor), verselbständigt sich die Phantasie und plötzlich bin ich ein kleiner John Franklin auf der Suche nach der Nordwest Passage. Die Irgendlinksche Nordwestpassage des Paminlands. Wie ein paar Artikel zuvor erwähnt, hat das Paminaland um Baden, Pfalz und Nordelsass grob die Form von Österreich. Oder von einer zusammengerollten Katze, die die Vorderfüße weit ausstreckt. Eine Katze, die den Vorarlberg gibt, sozusagen. Es ist schwer, eine Strecke zu finden, die auf Radwegen möglichst nahe der Grenzen des Paminalands einmal rund führt, weshalb ich das Stück zwischen etwa Dahn und Sarreguemines in die Tour mit eingebaut habe, obschon die Gegend gar nicht zur Paminaregion gehört. In meiner Phantasie entdecke ich gerade eine Passage, die das Radelerlebnis richtig rund werden lässt. Im Kasten rechts sieht man eine Karte (bzw. unter diesem Blogeintrag falls Euer Bildschirm sehr klein ist), in der meine geplante Strecke und die benutzten Radwege skizziert sind. Im Krummen Elsass, das der westliche Zipfel von Paminaland ist, gibt es eigentlich nur den Saarkohlekanal-Radweg. Man muss auf externe Wege gehen, um die Lücken zu schließen.

Auch heute klafft wieder ein Loch in meiner Paminarunde. Irgendwie muss ich nach Saverne zum Rhein-Marne-Kanal und ich bin noch unschlüssig, ob ich dem Saarkanal bis zur Kanalkreuzung folge und dort auf den Rhein-Marne-Kanal schwenke, oder ob ich quer durch die Berge fahre und das Kleinod Graufthal besichtige, ein kleines Dorf mit sehenswerten Felsenbauten. Beides hat seine Reize. Die Gegend um die Kanalkreuzung ist geprägt von großen Weihern. Manchmal verläuft der Radweg mitten durch den See. Es gibt Kanalbrücken und Tunnel und bei Lutzelbourg werden die Schiffe in einer Art gigantischer Badewanne den Hang hinaufgezogen (das ersetzt die alte Kanalstrecke, die sich über viele, dicht hintereinander folgende Schleusen den Berg hinauf arbeitete).

Wie auch immer. Ich muss noch ein paar Reparaturen am Radel tätigen, Frühstücken und dann gehts los und dann entscheide ich.

Auf gehts: Expeditionen ins Paminareich | #paminablog

Underfoot Aufnahme, Weitwinkel, winterlich gekleideter Radler vor weißem barockem Gebäude, der Kamera zugewandt.

Zweibrücken, halb neun. Raureif im Garten. Ich bin heilfroh, dass ich mich gestern durchgerungen habe, ein Ferienhaus in der Nähe von Saarunion zu buchen. Der Ort, Bonne Fontaine, ist mir schon vor Monaten bei meinen Recherchen zum nun beginnenden Blog- Reiseprojekt aufgefallen. Das Gärtnerhaus beim ehemaligen Château Bonnefontaine. Unweit des Saar-Kohlekanals. Der Radweg am Saar-Kohlekanal ist der erste von vielen, die ich im Laufe der nächsten Woche bei meiner ‚Expedition‘ durchs Paminaland ‚testen‘ werde – okay okay, ich kenne das Kleinod ja schon von zwei früheren Radreisen. Als Teilstück des E4, des europäischen Fernradwegs von Rom nach London ist er bestens ausgebaut und asphaltiert. Die Landschaft ein Idyll.

Ursprünglich war geplant, zeltend ums Land zu radeln. Die Eiseskälte und nette Spenden haben mich überzeugt, dass es besser ist, sich freizukaufen von den Ungemütlichkeiten des Reiselebens. Zumal ich etwas aus der Übung bin, da ich seit genau einem Jahr nicht mehr geradelt und radgereist bin.

Ich denke, dass ich gegen zehn elf Uhr losrolle.

Frau SoSo wird die Reise von zu Hause aus als enttippfehlernde Homebase-Fee begleiten.

Saar-Kohlekanal von Sarreguemines nach Saar-Union

Ein großer Kanalhafen, umgeben von Bäumen und Urbaität.

Von Sarreguemines führt die geplante Strecke rund ums Paminaland entlang des Saar-Kohlekanal auf ehemaligen Treidelpfaden. Eine schöne Nord-Süd-Verbindung, Teil des Eurovelo 5. Die Rundreise um Paminaland verlässt die Kanalstrecke nach Westen in Richtung Sarre-Union, der Hauptstadt der Region. Der ‚Zipfel‘ Elsass, der nach Lothringen hinein ragt, wird auch das ‚Krumme Elsass‘ genannt.

Sehenswertes am Saar-Kohlekanal

Besonders sehenswert an der Strecke sind  neben dem lieblich sich schlängelnden Kanalradwerg durch Wiesen und Auen, die Städte Sarreguemines und Sarreunion, sowie für die Gegend typische Straßendörfer wie etwa Harskirchen. Auch der Wald von ‚Bonnefontaine‚, der auf der Vis-à-Vis-Webseite erwähnt wird macht mich neugierig und das Renaissenceschloss  Diedendorf – ruck-zuck macht das Reisebloggerhirn einen kleinen Ausflug in die Krimiwelten der Fred Vargas.

Die Strecke des Kanalradwegs und Bilder finden Sie unter folgendem Link:

https://www.vis-a-vis-pamina.eu/velo/carte.php?par_id=6&lang=de

Der Saar-Radweg ist ein Ausfalltor nach Süden. Zudem ein Teil des Eurovelo 5  London-Rom (Via Francigena). Die Bilder der folgenden Galerie stammen aus früheren Touren, die mich durchs Saartal nach Süden führten. Eine Reise führte 2013 bis nach Österreich. Unter dem Titel ‚Bilder für die Ewigkeit‘ kreierte ich einen Beitrag für das Memory of Mankind. Die Reise wurde auf Keramikfließen archiviert. Das Projekt war, ähnlich wie das Paminablog, ein experimenteller Hybrid aus Kunst und Literatur, garniert mit ein bisschen Touristik.